Blog: Ich bin fr-e-md gegangen | Ride MTB

Blog: Ich bin fr-e-md gegangen

Nick Fewings - Unsplash

Ja, ich bin fremd gegangen – und das ziemlich konsequent und dazu noch sehr häufig. Doch es geht nicht darum, woran man als Erstes denkt. Die Rede ist von einem Surfbrett mit Foil, Motor und Akku. Hier gibt es direkte Parallelen zum E-Bike. Und dieses Fremdgehen hat mich erstaunlicherweise viel über die Bike-Branche gelehrt.

Die Ähnlichkeiten sind nicht von der Hand zu weisen: Ein sogenanntes E-Foil verfügt wie ein E-Bike über einen Motor, einen Akku und eine Remote inkl. Software zur Steuerung. Doch anstatt damit über Trails zu rollen, kann man damit über das Wasser fliegen. Blöderweise ist dieser recht junge Sport in der ganzen Schweiz verboten. Da ich jedoch in Basel zu Hause bin, ist der französische Rhein sehr nahe – und die Franzosen sehen das sehr légère. E-Foiling ist mit wenigen Ausnahmen in der ganzen Grande Nation erlaubt.

Wer verkaufen will, sollte es einfach machen

E-Foiling ist wie gesagt ein noch junger Sport und existiert erst seit etwa dem Jahr 2016. Der Markt ist aber bereits breit und tief. Wie beim (Kite-, Wing-, Windsurf, Pump-, oder SUP-) Foiling ohne Motor ist die Auswahl an Flügeln und Masten gross und verwirrend, abgesehen von der für Anfänger schwierig einzuschätzenden Auswahl an Brettgrössen. Das hat mich anfänglich sehr zuverlässig davon abgehalten, ein E-Foilboard zu kaufen. Als E-Bike-Anbieter sollte man sich deshalb merken: Zu viele hoch spezialisierte Produkte drücken auf die Kauflaune. Weil man selbst knietief in der Materie steckt, heisst das keineswegs, dass das Gros der Kundschaft ein kompliziertes, kaum überschaubares Angebot schätzt. Ein gutes Beispiel ist der Gravel-Trend: Es ist relativ einfach, sich ein cooles, passendes Gravel-Bike zu kaufen. Der Mountainbike-Markt ist viel zu detailliert und unübersichtlich. Und wenn der Markt bereits so unübersichtlich gestaltet ist: Eine Kaufhilfe – beispielsweise eine gute Beratung und Testmöglichkeit – sind unerlässlich für einen kompetenten Kaufentscheid.

Schlechte Erfahrung: B2C

Für den Eintritt in den Sport habe ich mir ein E-Foil aus Südfrankreich gekauft, direkt beim Hersteller. Das war verhältnismässig günstig, hat dafür nur sehr kurz richtig Spass gemacht. Denn sobald das Brett zusammen gebaut am Rheinufer stand, hat sich der Propeller selbstständig gemacht. Sprich: Ohne Bewegung mit dem Finger an der Fernbedienung hat der Antrieb vor sich hin gedreht. Es haben also mehrfach vorhandene «Safety-Mechanismen» kapital versagt. So ein wild drehender Propeller kann schnell zum Fleischwolf mutieren. Der französische Hersteller hat sich an die besagte légère Einstellung gehalten und mich gebeten, Teile der Ausrüstung zu demontieren (natürlich ohne Anleitung) und einzuschicken. Dass es dann später noch die (14kg schwere) Lithium-Ionen-Batterie mit ihren 2'200 Wattstunden-Kapazität aus dem Brett gerissen hat, ist dann noch eine ganz andere Anekdote. Was ich daraus lerne: Ich werde so schnell nicht wieder viel Geld ausgeben bei einen Sportprodukthersteller, der keinen Standort in der Schweiz bietet und keinen brauchbaren Support leistet. Das Rücksenden des schweren Sportgeräts war ein logistischer Albtraum. Mein Fazit: Hände weg von B2C.

Wer billig kauft, kauft zweimal

Nach dem initialen Fehlkauf – der mir zwar den Weg in den neuen Sport geebnet hat – habe ich viel gelernt. Ich habe dann von einem etablierten Anbieter aus Australien ein Brett gekauft. Bei einem Fachhändler, der sehr viel Erfahrung mit dem Produkt hat, eng mit dem Hersteller kooperiert, Testmöglichkeiten und hervorragende Service- und Garantieleistungen anbietet. Das Brett wurde sogar kostenlos geliefert. Für teures Sportgerät kommt mir Direktvertrieb wie bereits beschrieben nicht mehr so schnell in die Tüte. Die Erfahrung, im Fachhandel zu kaufen, war massiv besser.

Die Lernkurve ist steil

Da ich schon seit weit mehr als 35 Jahren am Mountainbiken bin, und nicht mehr Anfänger bin, habe ich Folgendes vergessen: Wenn man von einem neuen Sport begeistert ist, wird man schnell Fortschritte machen. Am Anfang ist Anfängermaterial vielleicht hilfreich, es wird aber schnell langweilig. Anstatt Beginner-taugliches Material zu kaufen, ist es mitunter schlauer, dieses zuerst zu mieten, und sich dann richtig gutes Material zu kaufen, das einem in der weiteren Entwicklung in den Sport hinein begleiten kann. Oder man kauft gleich – sei es ein Bike oder ein Board – das zwar sehr sportlich und anspruchsvoll zu fahren ist, dann aber Bestand hat und spannend bleibt. Dann ist der Anfang zwar schwer, aber das Gerät hat dann quasi Zukunft. Meist lohnt es sich auch, dabei etwas mehr auszugeben, da Qualität – wenn das auch platt klingen mag - seinen Preis hat. Ich habe für mein aktuelles E-Foilboard fast das Doppelte als für das Anfänger-Albtraum-Board ausgegeben. Und bereue es nicht eine Sekunde.